Entthronung durch das gemeinsame Kind
 

Bekommt das neue Paar ein Kind, ändern sich für die Halbgeschwister die Beziehungsverhältnisse stark. So sehr sie sich auch freuen mögen, für sie ist klar: „Ich bin entthront.“ Sie fühlen sich nicht mehr genügend beachtet, weil alle plötzlich nur noch diesen kleinen Schreihals sehen wollen. Bisher schienen die Eltern, Grosseltern, Tanten und Onkel nicht so genau hinzuschauen, ob die Kinder nun blutsverwandt sind oder nicht. Aber das ändert sich, sobald ein Kind mit dem eigenen Namen, demselben Blut, der „richtige“ Enkel oder die „richtige“ Nichte geboren ist.

Wenn die entthronten Kinder etwas einwenden, hören sie meist nur: „Dein Brüderchen ist noch so klein. Es braucht mich mehr, du bist ja schon viel grösser.“ Das stimmt an sich und ist logisch. Aber es ist nicht ganz ehrlich. Es wird verschwiegen, was nämlich noch mitspielt: „Blut ist dicker als Wasser“, Blutselternschaft ist stärker als Stiefelternschaft.

Die Entthronung ist doppelt schwierig. Neben der Beziehungskonkurrenz spüren die älteren Kinder auch, dass das leibliche Kind ein viel einfacheres Leben hat. Es hat immer beide Eltern um sich und muss keine Wochenendbesuche beim anderen Elternteil absolvieren. Tatsächlich entsteht aus der Perspektive der Kinder ein „Muss“, denn sie phantasieren, dass die schönsten Familienerlebnisse immer dann stattfinden, wenn sie nicht dabei sind. Stiefkinder haben etwas weniger gemeinsame Erlebnisse mit der Patchworkfamilie, subjektiv ist der Unterschied jedoch riesig.

       Empfehlungen:

  • Seien Sie sich bewusst, dass die Beziehung zu Ihrem gemeinsamen Kind eine ganz andere ist als jene zu Ihren Stiefkindern. Achten Sie darauf, dass die Qualität der Beziehungen zu den Stiefkindern nicht unter dem Familienzuwachs leidet.
  • Bereiten Sie die Stiefkinder auf die neue Situation vor, und schaffen Sie Zeiträume, um die Beziehung zu ihnen weiter zu pflegen.
  • Machen Sie den Kindern klar, warum ihre Beziehungen zu den Erwachsenen unterschiedlich sind, warum sie sich durch ein neues Kind verändern und warum sie nicht alle denselben Alltag haben. Aber schaffen Sie auch Ausgleiche, indem Sie regelmässig mit den eigenen Kindern alleine etwas unternehmen.
  • Achten Sie als Patchwork-Elternpaar darauf, dass Grosseltern und übrige Verwandte die Stiefkinder nicht plötzlich vergessen oder fallen lassen, weil nun ein neues Kind da ist.
  • Seien Sie sich bewusst, dass es Ihr gemeinsames Kind in vieler Hinsicht leichter hat, da sein Platz zwischen seinen Eltern der sicherste ist.