Dämonisierung des Ex
Der Umgang mit den Expartnern ist für Patchworkeltern oft die grösste Herausforderung. Die Expartner leben zwar von der Familie getrennt, sind aber als Eltern mit der Patchworkfamilie eng verwoben.
Wenn die Trennung noch frisch ist oder die Verletzungen noch nicht verheilt, können die Reaktionen der verlassenen Expartner auf das neue Familienglück heftig ausfallen und zu grossen Schwierigkeiten führen. Die Konflikte zwischen dem einstigen Paar können immer grössere Ausmasse annehmen und weite Kreise ziehen: Verwandtschaft und der gemeinsame Freundeskreis werden einbezogen. Durch gezielte Verleumdungen versuchen eine oder beide Seiten, das Bild über den Expartner ins Negative zu verzerren. Sie versuchen, gemeinsame Bekannte zu potentiellen Koalitionspartnern zu machen und nötigen diese, Partei zu ergreifen. Diese Situation nennt man in Fachkreisen Dämonisierungsprozess.
Je mehr ungeklärte Konflikte zwischen den Expartnern bestehen, desto grösser ist die Gefahr, dass ein solcher Dämonisierungsprozess in Gang kommt: alles, was der andere sagt, wird als Zeichen der Entwertung, Verachtung, Aggression, Demütigung erlebt, und oft macht die ganze Verwandtschaft mit.
Begünstigt wird dieser Prozess durch erste Konflikte in der neuen Beziehung. In solchen Krisen konzentriert sich das Paar auf den gemeinsamen Feind Expartner, was das neue Paar erst einmal wieder zusammenschweisst. Die immer wieder aufflackernden Streitigkeiten kann es so leicht auf die Schwierigkeiten mit dem Ex schieben. Auf Dauer hilft das allerdings nicht gegen interne Probleme.
Solche Situationen sind lösbar, wenn die Betroffenen sich nicht als Opfer sehen, die den Geschehnissen ausgeliefert sind, sondern ihre Gestaltungsmöglichkeiten aktiv ausschöpfen:
Empfehlungen:
- Versuchen Sie, sich in die Situation Ihrer Expartnerin oder ihres Expartners einzufühlen: Bringen Sie ihr Verständnis oder zumindest Akzeptanz entgegen. Dazu muss man manchmal über den eigenen Schatten springen und über Kränkendes hinwegsehen. Manchmal gelingt es besser, die Trennung zu verarbeiten, wenn sich das Expaar gemeinsam Hilfe von Aussenstehenden sucht.
- Fädeln Sie den Kontakt zwischen Ihrem neuem und dem ehemaligem Partner sorgfältig ein: Es braucht Fingerspitzengefühl, um zu entscheiden, wann und in welchem Kontext sich die beiden kennen lernen sollen. Es sollte nur dann zu einem Treffen kommen, wenn Sie alle drei Bereitschaft signalisieren. Falls der neue Partner Anlass für die Trennung war, dürfte es etwas länger dauern. Ist der Expartner auch schon wieder gebunden, wirkt ein Vierertreffen ausgleichend.
- Falls sich Ihr Expartner gegen die Patchworkfamilie stellt, bleiben Sie neutral: Verzichten Sie auf Rechtfertigungen und reagieren Sie nicht auf Bösartigkeiten. Wenn er in der Verwandtschaft und im Freundeskreis Schlechtes herumerzählt, ist es nicht einfach, neutral zu bleiben. Rüsten Sie aber ebenfalls auf, dreht sich die Eskalationsspirale weiter. Gehen Sie stattdessen aktiv auf den Ex zu, indem Sie über Ihr gemeinsames Interesse, die Kinderbelange, sprechen. Irgendwann wird Ihre Haltung „Über mein Leben entscheide ich. Wie du lebst, ist deine Sache“ auch bei ihm ankommen.