Stiefvater auf dem Schleudersitz
 

Es gibt Stiefväter, die ihre Aufgabe darin sehen, die Familie ihrer neuen Partnerin zu retten, nachdem sie dort eingezogen sind. Vor allem Männer, die gerne zupacken, Probleme aktiv und zügig lösen wollen und eher zu autoritärem Verhalten neigen, geraten in diese Rolle. Mann sieht, wie die arme, allein erziehende Mutter sich durch den Alltag müht und sich die Zeiten für Dates mit ihm erkämpfen oder manchmal mittels Notlügen erschleichen muss. Er erlebt, wie sie bei den Einkäufen die Preisschilder dreimal vergleicht. Er bekommt mit, dass ihre jugendlichen Kinder sie nicht ernst nehmen und sie langsam in ihren Erziehungsbemühungen resigniert. Da kann er nicht anders, als tatkräftig einzugreifen.

So entwickelt sich eine problematische Dynamik: Die Mutter ist zuerst erleichtert über die Unterstützung. Sie lehnt sich dankbar zurück und überlässt das Erziehungsgeschäft zunehmend ihrem Partner. Je passiver sie wird, umso aktiver wird der Stiefvater. Die Mutter lebt ihren Erziehungsstil, der durch Liebe und Nachsicht geprägt ist. Der Stiefvater, der diese Haltung als zu wenig streng einschätzt, kompensiert durch mehr Härte und männliche Präsenz. Damit schliesst sich der Teufelskreis.

Die Kinder wollen herausfinden, ob ihre Mutter hinter ihnen oder hinter dem neuen Mann im Haus steht. Sie provozieren so lange, bis die Mutter Position bezieht. Bald kommt es so weit, dass sich die Mutter schützend zwischen ihren Partner und eines ihrer Kinder wirft, weil der Mann brachial durchzugreifen droht. Das Kind setzt vielleicht noch einen drauf, indem es sagt: Du bist nicht mein richtiger Vater, du hast mir nichts zu befehlen.

Ehe es sich der vermeintliche Retter versieht, sitzt er auf dem Schleudersitz. Denn wenn sich die Mutter erst einmal gedrängt fühlt, sich zwischen ihren Kindern und dem Partner zu entscheiden, fällt die Entscheidung fast immer zugunsten der Kinder aus, und es folgt die Trennung. 

Wie Stiefväter diese Klippe umschiffen können:

 

 

       Empfehlungen:

  • Übernehmen Sie Verantwortung für Ihre Stiefkinder, indem Sie Ihre Partnerin unterstützen ohne ihr die Erziehungsverantwortung abzunehmen. 
  • Begrenzen Sie Ihre erzieherischen Tätigkeiten auf den mit Ihrer Partnerin abgestimmten Rahmen.
  • Stellen Sie Ihrem Stiefkind Ihre Fähigkeiten zur Verfügung, ohne sie ihm aufzudrängen.
  • Wenn Sie allein für ihre Stiefkinder verantwortlich sind, lassen Sie sich Ihre Aufgaben und Kompetenzen klar delegieren und halten Sie sich an diese Richtlinien. Holen Sie bei Bedarf den Rat Ihrer Partnerin.
  • Unterlassen Sie jegliche Konkurrenz zum leiblichen Vater. Suchen Sie stattdessen die Kooperation mit ihm, um eine optimale Ergänzung zu erreichen.